La Source Vive in Évian, Frankreich, ist ein neuer Konzertsaal, der der Kammermusik gewidmet ist. Die fantasievolle Muschelform des Saals ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Architekten Patrick Bouchain und Philippe Chiambaretta.
Das Projekt La Source Vive geht auf die Leidenschaft und das Engagement der Philanthropin Aline Foriel-Destezet für die Förderung der Musik zurück. Es entspringt ihrem Wunsch, die Schaffung eines architektonischen Komplexes zu unterstützen, in dem ein besonderer Konzertsaal für Kammermusik eingerichtet wird. La Source Vive befindet sich in unmittelbarer Nähe des größeren Auditoriums La Grange au Lac, einer berühmten Musikinstitution, die 1993 von Bouchain entworfen wurde.
Planung und Bau
La Source Vive ist ein Musiksaal mit 500 Plätzen, der auch für Aufnahmen geeignet ist und ein neues Foyer sowie ein Backstage-Gebäude umfasst. Bei der Gestaltung des Saals wurde besonderer Wert auf die Akustik gelegt, und es wurde eine experimentelle Form gewählt, die eine Mischung aus den beiden gängigsten Arten von Auditorien darstellt: ein rechteckiger "Schuhkarton" und ein "Weinberg", in dem das Publikum in schrägen Reihen um die Künstler herum Platz findet. La Source Vive macht sich auch die Topografie des Ortes zunutze: Die Anordnung des Publikums um die Musik herum nutzt eine natürliche Lichtung im Wald optimal aus. Das Design des Konzertsaals kombiniert einen ovalen Grundriss mit einem konischen Abschnitt - Volumen und Höhe ergeben zusammen ein optimales Volumen von 11 m³ pro Zuhörer.
An einem zauberhaften Ort gelegen, ist es wichtig, dass La Source Vive so wenig wie möglich in die natürliche Umgebung eingreift und sich in den Wald einfügt. Eine sensorische Analyse des Geländes (unter Berücksichtigung von Bäumen, Tageslicht, Flora und Fauna sowie der Topografie) veranlasste die Architekten, Foyer, Konzertsaal und Backstage-Gebäude voneinander zu trennen: Das Foyer wird auf einem früheren Gebäude neu errichtet; der Konzertsaal liegt höher - in einer Waldlichtung -, so dass keine gesunden Bäume gefällt werden müssen; und das Backstage-Gebäude befindet sich etwas höher, entlang einer bestehenden Straße, was den technischen Zugang erleichtert. Die Musiker und ihre Instrumente erreichen den Konzertsaal über einen rückwärtigen Aufzug, der vom Backstage-Gebäude herabfährt; die Zuschauer gelangen über das Foyer durch einen darunter liegenden Eingang in den Saal. Diese Anordnung schafft ein logisches Muster der Fußgängerströme.
Eine sinnliche Erfahrung
Die hochmoderne Akustik des La Source Vive ist ein Vorreiter in Sachen Akustikdesign und wurde von dem renommierten Akustiker Albert Xu speziell für Kammermusik entwickelt. Xus Arbeiten sind in großen Konzertsälen auf der ganzen Welt zu hören, und sein Fachwissen floss in die Geometrie, das Volumen, die Oberflächenmaterialien und die Techniken des neuen Konzertsaals ein. Wie ein Musikinstrument ist La Source Vive mit Vorrichtungen ausgestattet, die es ermöglichen, den Klang nach Abschluss der Bauarbeiten vor Ort nach Gehör zu verändern. Neben der akustischen Gestaltung wird der visuelle Komfort des Publikums durch die ovale Form des Konzertsaals und die Asymmetrie der Tribünen gewährleistet.
Das sinnliche Gesamterlebnis wird durch den Weg zum Saal unterstrichen: Von einem verglasten Foyer, das sich zur Natur hin öffnet, gelangen die Zuhörer über einen scheinbar in den Fels gehauenen Gang zur Musik, über einen überdachten Steg und dann in ein Vestibül, bevor sie den hellen Konzertsaal betreten. Der Entwurf von La Source Vive enthält einen Oculus, der für natürliches Tageslicht sorgt (besonders ideal für Probenzeiten).
Kombination von Wissenschaft und Intuition
La Source Vive ist ein ehrgeiziges Projekt, das eine Kombination aus Sensibilität, Experimentierfreude und wissenschaftlicher Analyse erfordert. Um das Projekt zu verwirklichen, wandte sich Patrick Bouchain an Philippe Chiambaretta. Bouchains Intuitionen und seine Arbeit mit dem Material wurden durch die Analyse und Modellierung der Teams von PCA-STREAM (Chiambarettas Studio) konkretisiert. Anstatt sich allein auf die Intuition zu verlassen, wurde versucht, für jedes Kriterium ein Optimum zu quantifizieren und wissenschaftlich zu bestimmen - eine Komplementarität von wissenschaftlichem und sensorischem Ansatz. Die präzise Modellierung von PCA-STREAM ermöglichte die Entwicklung einer erstklassigen Akustik, eines visuellen Komforts und eine Optimierung der Gesamtstruktur des Komplexes.
Die experimentelle Dimension von La Source Vive geht einher mit einem Konstruktionsprozess, bei dem alles nach Maß und von Handwerkern hergestellt wird: eine Begegnung zwischen Wissenschaft und Kunst.
Materialien
Bei der Konstruktion von La Source Vive wurde Wert auf die Verwendung natürlicher und lokaler Materialien gelegt. Das Gebäude ist mit Ziegeln aus vorgealtertem Kupfer verkleidet - ein natürliches Material, das die Integration des Konzertsaals mit den Bäumen fördert. Als bemerkenswerter Kontrapunkt zum Äußeren des Saals ist das helle, weiße Innere mit rohem, ungestrichenem Putz versehen. Das Backstage-Gebäude greift auf Details der volkstümlichen Architektur zurück, und das Foyer ist eine diskrete Hommage an die Buvette Novarina-Prouvé, ein ikonisches modernistisches Gebäude in der Nähe. In beiden Gebäuden wurden traditionelle Techniken für die Dachdeckung und das Zimmerhandwerk verwendet. Zu den lokalen Materialien gehören Holz, Schiefer aus Morzine und Meillerie-Stein.
Nach seiner geplanten Fertigstellung im Jahr 2025 wird La Source Vive mit La Grange au Lac einen einheitlichen Komplex bilden. Die beiden Konzertsäle, die zwei unterschiedliche Persönlichkeiten haben, werden das Spektrum und die Anzahl der Aufführungen und Projekte erweitern und das ganze Jahr über ein umfangreiches Musikprogramm bieten.