TCHOBAN VOSS Architekten stellt das EDGE Südkreuz Berlin vor, einen siebengeschossigen Bürokomplex, bestehend aus zwei Gebäuden mit einer Gesamtfläche von ca. 32.000 m². Der Komplex steht auf einem ca. 10.100 m² großen Grundstück und wurde in nachhaltiger, klima- und ressourcenschonender Bauweise sowie in modularer Hybridholzbauweise errichtet. Das größere der beiden freistehenden Gebäude ist mit ca. 20.000 m² Nutzfläche das größte Holzhybridgebäude in Deutschland und eines der größten in Europa. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat das Projekt als Deutschlands nachhaltigstes Gebäude 2022 zertifiziert. Seit Sommer 2022 dient es als neue Deutschlandzentrale des Energieversorgers Vattenfall.

Das Gebiet um den Regional-, Fern- und S-Bahnhof Berlin-Südkreuz, Teil der sogenannten "Schöneberger Linse", entwickelt sich zu einem neuen Stadtteil mit einer attraktiven Funktionsmischung (Wohnen, Arbeiten, Kultur und Handel). Der neue Bürokomplex ist Teil eines neuen Stadtquartiers. Bei der Planung wurde das Gebiet zwischen Sachsendamm, Hedwig-Dohm-Straße, Hildegard-Knef-Platz und Lotte-Laserstein-Straße neu geordnet. Das kleinere der beiden Gebäude (der "Solitär") ist ein langgestreckter, freistehender Bau, der die Fassadenlinie des größeren Bürogebäudes fortsetzt. Letzteres ist ein viereckiger Baukörper (das "Carré") mit unregelmäßiger trapezförmiger Grundfläche. Die beiden Gebäude bilden eine Straßenfront zur Hedwig-Dohm-Straße. In Richtung des Bahnhofs Südkreuz bilden sie einen neuen städtischen Platz mit Grünflächen und Sitzgelegenheiten.

Das Carré-Gebäude
Das Herzstück des Carré-Gebäudes ist ein großzügiges, lichtdurchflutetes Atrium. Eine zweigeschossige Eingangslobby mit einer lichten Höhe von sieben Metern zum Vorplatz hin erschließt das massive, streng gerasterte Volumen und lenkt den Blick konsequent auf das beeindruckende Innere des Gebäudes. Das 26 Meter hohe Atrium wird von einem transparenten ETFE-Foliendach überspannt, das von einer Holzbinderkonstruktion getragen wird. Die durchgehenden, raumhohen Fenster in den Büros, der verglaste Eingangsbereich und das große Panoramafenster in der Lounge des Gebäudes tragen zusätzlich zum hohen Tageslichtanteil bei.

Ein zentrales Highlight sind die vier unterschiedlich hohen baumartigen Gebilde, die unter dem Foliendach wie in einem Gewächshaus in den Himmel wachsen. Ihre lamellenartige Fichtenholzstruktur lässt sie wie riesige Pilze aussehen. Am Boden gruppieren sich um ihre Stämme grüne Inseln der Ruhe. Das Atrium wird zusätzlich durch Gemeinschafts- und Speisebereiche belebt. Die Kronen der so genannten "Bäume" tragen Erholungsplattformen, die in verschiedenen Höhen grüne Freizeit- und Kommunikationszonen bilden. Die größte ist 14,87 Meter hoch und hat eine Plattform mit einem Durchmesser von 6,20 Metern, die niedrigste ist 4,28 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 7,20 Metern. Verbunden werden diese Strukturen durch filigrane Treppen mit weißen Geländern, die auf der anderen Seite des klassischen Gebäudekerns über die Plattformen zu den angrenzenden Büroetagen führen.

Im fünften Stock befindet sich eine Sky-Lounge mit Panoramafenstern und einer großzügigen Außenterrasse. Die Lounge ist offen mit dem Atrium verbunden und kann wie die Büros über die "Baumtreppe" zu Fuß erreicht werden.
In allen Teilen des Gebäudes - von den Stützen, Balken, Fenstern und Türen bis hin zu den Verkleidungen und Geländern - ist Holz in allen Innenbereichen sichtbar. An jeder der inneren Ecken des Gebäudes befindet sich ein Gebäudekern mit Sicherheitstreppe und Aufzügen.
Das gesamte innenarchitektonische Konzept, sowie die Entwicklung der neuen Bürowelten für Vattenfall, wurde von de Winder Architekten Berlin entwickelt und in der Umsetzung begleitet.

Das Gebäude "Solitaire
Das Solitaire-Gebäude verfügt über eine zweigeschossige Eingangshalle mit einer lichten Höhe von sieben Metern. In den Etagen 2 bis 7 sind Büros untergebracht, während im Erdgeschoss Gastronomie-, Gewerbe- und Einzelhandelsflächen untergebracht sind. Auch hier ist Holz ein allgegenwärtiges Architektur- und Gestaltungselement. Der Zugang zum Gebäude erfolgt über den neuen Stadtplatz. Die vertikale Erschließung erfolgt über einen zentralen Kern mit einem Sicherheitstreppenhaus und zwei Aufzügen. Der begrünte Außenbereich der Lounge auf dem Dach des Gebäudes hat eine gartenähnliche Qualität.

Sowohl das Carré als auch das Solitaire-Gebäude verfügen über einen flexiblen modularen Grundriss auf allen Ebenen. Dieser kann an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Mit einem umfassenden Rückbaukonzept wurde das Thema Kreislaufwirtschaft schon sehr früh in die Planung integriert. Die Flexibilität und Wiederverwendbarkeit des Gebäudes wird u.a. durch den Verzicht auf tragende Innenwände, eine Raumhöhe von mindestens 3m, eine durchdachte Anordnung der Treppenhäuser und die Zonierung der technischen Gebäudeausrüstung gewährleistet.
Die vier Hauptsäulen der Energieversorgung der Gebäude sind Suffizienz, Effizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Lastmanagement. Dabei wurden die Voraussetzungen geschaffen, um die Nutzer für einen bewussten, effizienten Umgang mit Energie zu sensibilisieren. Die Büroräume werden über abgehängte Smart Ceilings klimatisiert. Ein ausreichender Tageslichtanteil in den Büros minimiert den Bedarf an künstlicher Beleuchtung.

Die beiden Gebäude des Bürokomplexes teilen sich eine Tiefgarage mit 218 E-Mobilitätsplätzen für die Mieter. Im Fahrradraum befinden sich ca. 100 Fahrradstellplätze, auch für E-Bikes; weitere 32 Stellplätze befinden sich im Außenbereich.
Die Büroflächen sowie die dazugehörigen Neben- und Verkehrsflächen sind barrierefrei, alle Außenanlagen sind ebenfalls barrierefrei gestaltet.

Die Fassaden
Die Fassaden bestehen aus einem regelmäßigen Raster aus witterungsbeständigen Glasfaserbetonplatten. Das Raster wird durch horizontale Streifen und farbige vertikale Platten gegliedert. Pylone gliedern die Fassaden vertikal. Lisenen aus Glasfaserbeton verstärken den Sockelbereich visuell. Die rhythmischen Fassaden haben eine zurückhaltende Farbgebung, die für jedes der beiden Gebäude individuell gewählt wurde. Für jede Fassade wurden zwei verschiedene Farbtöne gewählt. Im Falle des Carré sind es Saharasand für die horizontalen Streifen und Terrakotta für die vertikalen Strukturen. Die Laibungen heben sich optisch durch ihre silbergraue Farbe ab. Der Solitaire hat entsprechende Farben: Saharasand für die horizontalen Elemente und Silbergrau für die vertikalen Elemente. Die beiden Gebäude treten durch ihre Farben und Dimensionen in einen direkten Dialog miteinander.

Die nachhaltigen Fassadenelemente der beiden Gebäude wiegen nur 30 kg pro m² und sind zudem recycelbar. Darüber hinaus absorbiert die Fassade durch die dünn geschliffene Zementdeckschicht CO2 aus der Luft und wirkt somit dekarbonisierend.
Die Glasfelder mit Festverglasung und MicroShade-Sonnenschutz akzentuieren die Fassaden zusätzlich; sie sind im Falle des Solitaire-Gebäudes eingeschossig, im Falle des Carré zweigeschossig. Die übrigen Fenster sind mit Blendschutz und außenliegendem Sonnenschutz ausgestattet.

Hybrid-Holzbauweise
Bei der Konstruktion der Gebäude wurde darauf geachtet, den CO2-Fußabdruck so weit wie möglich zu reduzieren, insbesondere in Bezug auf das Gewicht des Komplexes, und nachhaltige Materialien zu verwenden, die nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip recycelt werden können. EDGE Südkreuz Berlin ist das erste Projekt in Deutschland, das für den Hochbau mit einer 100%igen Übereinstimmung in der MADASTER-Materialdatenbank erfasst wurde. Es verfügt über einen Materialpass, der die Wiederverwendung und Wiederverwertung der verwendeten Materialien ermöglicht.
Die Verwendung von vorgefertigten Modulen hat sich auf verschiedene Aspekte des Bauprozesses positiv ausgewirkt. Die Holzelemente, wie z. B. Wand- und Deckenmodule, wurden vorgefertigt und dann auf der Baustelle montiert und angepasst. Dies ermöglichte einen präzisen Bauablauf und einen besonders zeiteffizienten und wirtschaftlichen Bauprozess. Die Wandelemente wurden regional in Neuruppin hergestellt, die Deckenelemente in Lemwerder und Henningsdorf. Insgesamt wurden 1190 Holz-Hybrid-Deckenelemente, getragen von 1280 Leimholz-Fassadenstützen, und 445 Multibox-Wandelemente mit einer Gesamtfläche von 16.000 m² hergestellt.

Der natürliche Werkstoff Holz ist in Innen- und Büroräumen allgegenwärtig und leistet einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltig gesunden Raumklima für die Nutzer. Holz besitzt eine hohe Wärmespeicherkapazität, aber eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Vorhandene Wärme wird länger im Raum gehalten als bei anderen Baustoffen, eine verzögerte Abkühlung reduziert den Energiebedarf. Außerdem ist Holz leichter und energieeffizienter zu transportieren als mineralische Baustoffe. Bei diesem Projekt wurden ca. 3500 cbm PEFC-zertifiziertes Fichtenholz verwendet.
Durch die intelligente Kombination von Holz und Beton kann die modulare Hybridlösung von CREE-Buildings bis zu 50% CO2 pro m² Geschossfläche einsparen. Geringes Baugewicht, kurze Rohbauzeiten, hohe Planungs- und Kostensicherheit und lange Haltbarkeit sind weitere Vorteile dieser Bauweise. Die in der EDGE Südkreuz Berlin verwendeten Baustoffe sind nach dem Prinzip des Cradle-to-Cradle-Recyclings weitgehend recycelbar. Stahlbetonbauteile wurden auf ein Minimum reduziert und dienen zur Brandabschnittsbildung oder zur Aussteifung des Gebäudes. Holz und Holzhybridelemente wurden als tragende Konstruktion vor allem im Innenbereich eingebaut, Beton wurde für die Fundamente und den Keller verwendet. Die Holzstützen und -balken tragen die gesamten vertikalen Lasten des Gebäudes. Im Vergleich zum konventionellen Stahlbetonbau konnte das Gewicht des Gebäudes durch die Holz-Hybrid-Konstruktion um bis zu 50% reduziert werden. Dadurch konnte auch der Einsatz von Beton für die Fundamentplatte reduziert werden, was sich zusätzlich positiv auf die CO2-Bilanz des neuen Bürokomplexes auswirkt.

Die Treppe im Atrium des Carré ist als Metallkonstruktion ausgeführt, um unnötigen Materialverbrauch mit hohen Holzquerschnitten und kostspieligen Metallunterkonstruktionen zu vermeiden. Die Gestaltung der Bauteile geht direkt auf die Stärken und Qualitäten der jeweiligen Materialien ein, fördert die Einsparung der eingesetzten Ressourcen und reduziert das Gewicht der Bauteile. Die Dachkonstruktion wiegt nur
Die Dachkonstruktion wiegt durch speziell entwickelte Metallknoten, ETFE-Folie sowie filigrane Holzbauteile nur 45 kg pro m² und sorgt durch schmalere Querschnitte für mehr Licht im darunter liegenden Atrium. Gleichzeitig hält die Dachkonstruktion Windlasten von bis zu 100 kg stand, da jeder Stab nicht nur Zug-, sondern auch Druckkräfte aufnehmen kann.

Zertifizierungen:
Die EDGE Südkreuz Berlin erhielt das DGNB Platin-Zertifikat mit der höchsten jemals in Deutschland erreichten Punktzahl von 95,4 %. Darüber hinaus wurde das Ensemble mit DGNB Diamant für seine herausragende Design- und Architekturqualität zertifiziert. Das Projekt hat außerdem eine WELL v2 Platin-Zertifizierung erhalten.

Team:
Client: SXB S.à r.l. / EDGE
Service stages: 1-4, partly 5, general specifications and creative/design management, BIM
Architect: Sergei Tchoban
Project partners: Stephan Lohre
Team: Julia Angelstorf, Lev Chestakov, Giorgia Fontana, Ulrike Graefenhain, René Hoch, Anastasia Kapustina, Valeria Kashirina, Birgit Koeder, Achim Linde, Fabiana Pedretti, Dennis Petricic, Manuela Peth, Soeren van Ost, Fabio Prada, Anja Schroth, Katharina Stranz, Carolin Trahorsch, Karsten Waldschmidt
Collaborating architects: Service stage 5: granz + zecher architekten GmbH, Berlin
General contractor: ARGE SXB, Suedkreuz Berlin ZECH Bau GmbH, CREE Deutschland GmbH, Rhomberg Systemholzbau GmbH represented by ZECH Bau GmbH, Berlin
Project management: SMV Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin
Landscaping: service stages 1-4, hochC Landschaftsarchitektur, Berlin; service stage 5, granz + zecher architekten GmbH, Berlin
Structural engineering: Buro Happold GmbH, Berlin; BIT Buero fuer integrale Tragwerksplanung GmbH, Berlin
Building technology: Buro Happold GmbH, Berlin
Sustainability consulting and DGNB/WELL certification: Buro Happold GmbH, Berlin
Interior design: de Winder Architekten GmbH, Berlin
Façade planning: Arup Deutschland GmbH, Berlin
Photographer: HG ESCH
Video: Aleksandra Manyakina


Materials Used:
Façades / glass-fibre concrete panels: Rieder Group, Maishofen, Austria
Façades / wall modules: Opitz Holzbau GmbH & Co. KG, Neuruppin
Hybrid ceilings: BWE-Bau Fertigteilwerk GmbH, Lemwerder, thomas allton GmbH, Henningsdorf
Solar-shading glazing: MicroShade A/S, Glostrup, Denmark
Roof construction Carré-Atrium metal: Biedenkapp Stahlbau GmbH, Wangen
Roof construction Carré-Atrium Wood / ETFE foil: Temme // Obermeier GmbH, Rosenheim
Trees / Wood: Blumer-Lehmann AG, Gossau, Switzerland
Mullion-transom construction (Entrance, Skylounge): Wipfler Fenster + Fassaden GmbH, Zusmarshausen-Wörleschwang
Wood Mullion-transom construction: Kerto® LVL (structural laminated veneer lumber), Metsä Group, Espoo, Finland

