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Detail: Woven carbon and glass fiber facade of Texoversum School of Textiles
Brigida Gonzalez

Detail: Fassade aus gewebten Kohlenstoff- und Glasfasern der Texoversum School of Textiles

3 Nov. 2023  •  Details  •  By Gerard McGuickin

Das Texoversum an der Hochschule Reutlingen ist ein Lehr-, Forschungs- und Innovationszentrum. Das neue Texoversum-Gebäude ist Teil eines umfassenden Erweiterungsplans für den Hochschulcampus und zeichnet sich durch eine ausdrucksstarke, hochmoderne gewebte Fassade aus. Das Texoversum, eine Zusammenarbeit zwischen dem Münchner Architekturbüro Allmannwappner, dem Frankfurter Architekturbüro Menges Scheffler Architekten und dem Stuttgarter Tragwerksplaner Jan Knippers Ingenieure, ist das erste Gebäude seiner Art mit einer Fassade aus gewebten Carbon- und Glasfaserplatten. Die bemerkenswerte Struktur stellt Textilien an die Spitze der technologischen Entwicklung.

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Das Entwurfsthema der Texoversum School of Textiles wird durch die einzigartige gewebte Fassade und die interne Verflechtung der verschiedenen Funktionen dargestellt. Für die an der Planung und Errichtung des Gebäudes beteiligten Firmen "basiert das architektonische Konzept auf einer vielschichtigen Auseinandersetzung mit dem Thema textile Architektur". Darüber hinaus steht das Texoversum "als Symbol für das Zukunftspotenzial innovativer faserbasierter Materialien und textiler Techniken". Die einzigartige Fassade aus Karbon- und Glasfasern wird in einem robotergestützten Wickelverfahren hergestellt. Jede einzelne Fliese ist maßgeschneidert und kann je nach Funktionsanforderung angepasst werden. Die Kacheln werden auf der Grundlage von fünf Schablonen entworfen und ihre Anordnung folgt dem Lauf der Sonne. Eine gestaffelte Anordnung sorgt für eine optimale Aussicht.

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Herstellung einer Fassade aus gewebten Kohle- und Glasfaserplatten

Professor Achim Menges ist Direktor bei Menges Scheffler Architekten und Gründungsdirektor des Instituts für rechnergestütztes Entwerfen und Konstruieren an der Universität Stuttgart. Menges ist Experte für die Entwicklung von integrativem Design an der Schnittstelle von computergestützten Entwurfsmethoden, robotergestützter Fertigung und Konstruktion sowie fortschrittlichen Material- und Bausystemen. Als Spezialist für die Gestaltung der gewebten Fassade des Texoversums erläutert Menges das Verfahren zur Herstellung der Kohle- und Glasfaserplatten:

"Die Bauteile werden mit dem Robotic Coreless Filament Winding (RCFW) hergestellt, einem neuartigen additiven Fertigungsverfahren, das an der Universität Stuttgart entwickelt und erprobt wurde. Dabei werden faserige Filamente von einem Roboter frei zwischen zwei rotierende Wickelgerüste gelegt. Während dieses Prozesses ergibt sich die vordefinierte Form des Bauteils aus der Interaktion der Filamente, so dass keine Form oder kein Kern benötigt wird (RCFW ist eine Technologie, die ohne Schalung auskommt). Dies ermöglicht eine maßgeschneiderte Form und eine individuelle Faserablage für jedes Bauteil, ohne dass ein wirtschaftlicher Nachteil entsteht."

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Von oben nach unten: Roboter-Wickelverfahren (Unterkonstruktion, Glasfasern, Kohlefasern); Fassadenelemente; Eckelemente; Dachelemente.

 

"RCFW ist ein einzigartiges Verfahren, weil es keine Formen benötigt und kein Verschnitt anfällt", sagt Menges. "Jeder einzelne Zentimeter des Filamentmaterials wurde genutzt." Produziert wurden die Fassadenelemente von der FibR GmbH, einem Unternehmen, das aus der Forschung an der Universität Stuttgart hervorgegangen ist.

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Die Fassade ist ästhetisch ansprechend mit einem Design, das die Textilindustrie symbolisiert. Die Verwendung einer einfachen schwarz-weißen Farbkombination ist sowohl klassisch als auch auffällig. "Bei der Herstellung wird ein Gitter aus weißen Glasfasern erzeugt, auf dem die schwarzen Carbonfasern dort platziert werden, wo sie strukturell benötigt werden", erklärt Menges. "So entstehen hoch belastbare Bauteile mit einer besonders ausgeprägten architektonischen Optik."

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Eine selbsttragende Fassade

In seinem Architekturbüro verfolgt Menges einen interdisziplinären Ansatz, der die Zusammenarbeit mit Bauingenieuren, Informatikern, Material- und Sozialwissenschaftlern umfasst. "Die Fassade ist integraler Bestandteil des architektonischen Ausdrucks des Gebäudes als Textilforschungs- und -innovationszentrum sowie der Umwelttechnik des Projekts und der damit verbundenen Strategie für den Innenraumkomfort", sagt er. "Sie stellt den äußeren Sonnenschutz des Gebäudes dar, der gemäß der deutschen Bauordnung strenge Beschattungsanforderungen erfüllen muss. Darüber hinaus rahmt die selbsttragende Fassade den Blick auf die umgebende Landschaft ein.

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Menges erklärt die Selbsttragfähigkeit der Fassadenplatten: "Die Faserelemente härten nach dem Wickelvorgang aus, so dass strukturelle Verbundbauteile entstehen, die auf den Betonplatten des Gebäudes verankert werden. Die selbsttragenden Faserelemente bilden die strukturellen Brüstungen für die Balkone". Was die Konstruktion betrifft, so fährt Menges fort: "Die Fassade wurde Element für Element mit einfachen Baugeräten wie Hubsteigern montiert. Dank des geringen Gewichts der einzelnen Elemente - weniger als 30 Kilogramm - und ihrer hohen Genauigkeit war die Montage sehr einfach."

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Öffnungen in der Fassade

Die Fassadenplatten basieren auf fünf vorgegebenen Schablonen, die in ihrer Gesamtheit das unverwechselbare Erscheinungsbild des Bauwerks ergeben - mit einer fast durchlässigen Qualität geben die Platten den Blick nach außen frei. Menges erklärt: "Die zentralen Öffnungen entstehen im robotergesteuerten Wickelverfahren - sie sind fein abgestimmt, um ungehinderte und gerahmte Ausblicke zu ermöglichen, indem die Augenhöhe von sitzenden und stehenden Menschen berücksichtigt wird."

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"Gleichzeitig sind die Verteilung der Öffnungen sowie die Dichte des Fasernetzes so ausgelegt, dass sie den Verschattungsanforderungen auf der Grundlage umfassender Simulationen entsprechen. Die Reaktion auf die Verschattungsanforderungen zeigt sich zum Beispiel in den kleinen Öffnungen und der hohen Faserdichte an den Ecken des Gebäudes, da die Eckräume einer größeren Sonnenbelastung ausgesetzt sind. Die Dichte und Ausrichtung der Carbonfasern ist so konzipiert, dass sie sowohl den lokalen als auch den globalen strukturellen Anforderungen entspricht. Mit Hilfe einer rechnergestützten Entwurfsmethode konnten wir diese architektonischen, strukturellen und ökologischen Leistungskriterien aushandeln und sie in fünf Faserelementtypen zusammenführen."

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"Eine große Herausforderung"

In einem Gebäude, das das erste seiner Art ist, mussten Menges und sein Team sicherstellen, dass es für den Zweck geeignet ist, was eine Herausforderung darstellte. "Der Transfer aus unserer akademischen Forschung an der Universität Stuttgart in die Praxis war natürlich eine große Herausforderung", sagt er. "Wir hatten schon vorher mehrere Forschungsmodelle erfolgreich gebaut, aber für das Texoversum, ein dauerhaftes Gebäude, mussten wir zum ersten Mal alle Anforderungen der deutschen Baubehörden erfüllen. Dazu mussten umfangreiche Tests durchgeführt werden, um das Langzeit-Kriechverhalten, die Witterungsbeständigkeit, den Feuerwiderstand und so weiter nachzuweisen."

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"Das unverwechselbare Fassadendesign ist das Ergebnis einer tiefgreifenden Integration und sorgfältigen Verhandlung des beabsichtigten architektonischen Ausdrucks, der Spuren des einzigartigen Materialisierungsprozesses und der spezifischen Materialität der Fäden. Zusammen ergibt dies die komplexen textilen Eigenschaften der Fassade, die damit verbundene Modulation von Licht und Schatten und die erforderliche strukturelle und bauphysikalische Leistung", sagt Menges. "Da der Entwurfs-, Konstruktions- und Fertigungsprozess vollständig digital abläuft, konnten wir von Anfang an eng mit den beratenden Ingenieuren des Projekts zusammenarbeiten. Wir tauschten Design- und Simulationsmodelle mit zunehmendem Detaillierungsgrad aus und steuerten so unsere Designabsichten durch die iterative Integration von Statik, Bauphysik und Roboterfertigung in den Projektfortschritt."

 

Die innere Struktur des Texoversums

Das Thema der Durchlässigkeit und Vernetzung setzt sich im Inneren des Texoversums fort. Mit einer Bruttogeschossfläche von 4.112 Quadratmetern besteht die Innenkonstruktion des Texoversums aus einem offenen, transparenten Split-Level-Grundriss. Die Geschosse sind auf halber Höhe gestaffelt und im Atrium "optisch miteinander verwoben". Das Gebäude verfügt außerdem über eine geräumige Dachterrasse.

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Die sauberen Industrieräume werden von der gewebten Fassade umrahmt, deren sorgfältig platzierte Öffnungen den Blick nach außen freigeben. Dieselben Öffnungen bieten den Menschen von außen einen Einblick in die innere Welt des Texoversums.

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Südwesttextil, ein Verband für Handel und Beschäftigung in der Textilindustrie in Südwestdeutschland, hat das Texoversum-Gebäude der Hochschule Reutlingen geschenkt.