Der Campus der Universität für Musik und darstellende Kunst (Kunstuni Graz - KUG) befindet sich nahe dem Stadtzentrum im Palais Meran, dem früheren Wohnhaus des Erzherzogs Johann aus dem Jahr 1841. Gemeinsam mit dem von UN-Studio entworfenen Haus für Musik samt Konzertsaal (MUMUTH) und den früheren Pferdestallungen, die nun das Theater im Palais (TIP) beheimaten, formt das Palais einen Platz.
2011 gewannen balloon einen Wettbewerb, dessen Ziel es war, das TIP, welches das Schauspielinstitut beherbergt, zu renovieren und den Platz zwischen Palais, MUMUTH und TIP neu zu gestalten.
balloon versuchen bei jedem neuen Projekt, die formulierte Aufgabenstellung größer und gesamtheitlicher zu betrachten. Ihre Arbeit basiert auf einem kontext-sensitiven Zugang zu bestehenden Gebäuden und deren Umgebung. Im konkreten Fall mussten die städtebauliche Dimension und die Bedeutung des Ortes hervorgehoben werden. Mit dem Zubau zum TIP wollten balloon ein Gebäude schaffen, das über den Campus der KUG hinaus wirkt und in die Stadt ausstrahlt. Ziel war, ein neues Foyer entwerfen, das nicht nur Homogenität in die unterschiedlichen Gebäudeteile des Bestandsgebäudes bringen sollte. Durch Öffnung des zuvor geschlossenen Hofes zwischen Palais Meran und TIP zur Leonhardstraße hin wollte man einen urbanen Raum schaffen, der den hohen Standards der Universität und der städtebaulichen Umgebung gerecht werden sollte.
Die vorher sehr heterogen wirkenden Gebäudeteile des TIP werden nun von einem goldfarbenen, baldachinartigen Vorhang umfasst und zu einer architektonischen Großform vereint. Dieser das Gebäude vierseitig umschließende 'Baldachin' inszeniert das Bestandsgebäude neu und verleiht ihm Eigenständigkeit im Kontext MUMUTH und Palais Meran. Der semitransparente Baldachin ist aus 3 mm Aluminiumblech mit unterschiedlichen Lochungen und Prägungen hergestellt, die – aus einer Chronofotografie des Physiologen und Fotopioniers Étienne-Jules Marey entwickelt – die Bewegungsabfolge in einem Salto darstellen. Die alte Umfassungsmauer des Palais Meran wurde von den Veränderungen nicht angegriffen – ihre Silhouette bleibt hinter dem 'goldenen Baldachin' sichtbar.
Mit dem neuen Foyer erhält das Institut für Schauspiel der KUG einen multifunktionalen, flexibel nutzbaren Großraum mit einer Fläche von rund 300 m2. Dieser elegante Innenraum erfüllt neben dem Eingangsbereich auf gleichermaßen großzügige wie effiziente Weise alle erforderlichen Funktionen, wie zum Beispiel die einer Bar, eines Ticketschalters, einer Garderobe und einer Seitenbühne. Er ist flexibel nutzbar und kann durch raumhohe Vorhänge adaptiert und unterteilt werden. Zusätzlich beherbergt er Büros für die Bühnentechnik, den Backstage-Bereich und einen Aufenthaltsraum für Studierende. Der außenliegende goldfarbene 'Baldachin' übernimmt im Foyer-Inneren die Funktion des Sonnenschutzes gegen Westen und findet an der Decke des Foyers seine Entsprechung in der abgehängten Ornamentdecke.
Die Funktionsbereiche Theater und Institut verfügen über getrennte Eingänge und können wechselweise miteinander ge- und entkoppelt werden. Ein längliches Einbaumöbel im Foyer übernimmt die Funktionen der Besuchergarderobe, des Buffets und der Teeküche. Bei Theaterbetrieb fungiert es zusätzlich als Abschirmung des Zugangs zu den Institutsräumen im Bestandsgebäude. Mobile Abtrennungen aus Vorhängen, die bei Bedarf zum Einsatz kommen, wahren den Großraumcharakter des Foyers.
Der gesamte untere Teil der Foyerfassade ist verglast und kann großteils geöffnet werden. Auf diese Weise verschmelzen das neue Foyer, der öffentliche Vorplatz und das Palais zu einer räumlichen Einheit.