Innovative Hybrid Flax Pavilion demonstrates use of CLT and flax fiber as alternative to conventional building techniques
ICD/ITKE/IntCDC University of Stuttgart

Innovativer Hybrid-Pavillon aus Flachs demonstriert den Einsatz von CLT und Flachsfasern als Alternative zu herkömmlichen Bautechniken

7 Juni 2024  •  Innovationen  •  By Gerard McGuickin

Der Hybridflachs-Pavillon demonstriert die Anwendung eines innovativen Holz-Naturfaser-Hybridbausystems als Alternative zu konventionellen Bautechniken. Der vom Exzellenzcluster „Integrative Computational Design and Construction for Architecture“ (IntCDC) der Universität Stuttgart entwickelte Pavillon wurde als zentrale Ausstellungsfläche für die Landesgartenschau 2024 am Ufer der Argen in Wangen im Allgäu konzipiert.

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Das Hybridsystem kombiniert Brettsperrholz (CLT) und robotergewickelte Flachsfasern zu einem ressourcenschonenden Gebäude aus regionalen und biobasierten Materialien. Der Entwurf des Pavillons hat zudem einen deutlichen lokalen Bezug: Flachs wurde ursprünglich in einer historischen Spinnerei im Westen der Stadt Wangen verarbeitet (die Mühle wurde im Rahmen der Landesgartenschau saniert).

photo_credit ICD/ITKE/IntCDC University of Stuttgart (Photo: Roland Halbe)
ICD/ITKE/IntCDC University of Stuttgart (Photo: Roland Halbe)

 

Erste Hybridstruktur, die CLT und Flachsfasern kombiniert

Als ständiger Ausstellungsraum besteht der Hybrid Flax Pavilion aus einer wellenförmigen Dachstruktur und einer runden Glasfassade, die Ausblicke in alle Richtungen ermöglicht. Im Kern des Pavillons befindet sich ein Klimagarten, der als Innenhof dient und eine Querlüftung und Kühlung ermöglicht. Die geothermisch aktivierte Bodenplatte des Gebäudes besteht aus recyceltem Beton und kohlenstoffarmem Zement und gewährleistet ganzjährig ein angenehmes Raumklima.

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Das dreidimensionale Dach ist zweifellos das herausragende Merkmal des Pavillons. Es ist die erste hybride Konstruktion, bei der Brettsperrholzplatten mit Naturfaserkörpern kombiniert werden, und wird aus kernlosen Flachsfasern gewickelt. Die wellenförmige Dachform besteht aus zwanzig Hybridbauteilen, die sich mit regulären Holzplatten abwechseln und eine Ausstellungsfläche von 380 Quadratmetern bedecken. „Das Ziel dieses neuartigen hybriden Bausystems ist es, einen ausgedehnten stützenfreien Raum zu schaffen und gleichzeitig den Materialeinsatz zu minimieren, indem die Synergie zwischen Holz und Naturfaserverbundstoffen genutzt wird“, so IntCDC.

IntCDC hat ein System entwickelt, das den Prinzipien der Kreislaufbauweise folgt und sicherstellt, dass die Materialien getrennt, sortiert, wiederverwendet und/oder recycelt werden können.

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Der Einsatz integrativer Berechnungsmethoden (unter Einbeziehung von Computeralgorithmen und -simulationen) bei der Gestaltung des Pavillons gewährleistet die nahtlose Zusammenführung von Informationen von Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen und trägt so zur Verbindung von Forschung und Industrie bei. „Dieser Ansatz umfasst nicht nur die Gestaltung der hybriden Faser-Holz-Bauteile, sondern berücksichtigt auch die Schnittstellen zu konventionellen Bauelementen wie Fassade und Dach, wobei deren miteinander verknüpfte geometrische und konstruktive Anforderungen berücksichtigt werden“, so IntCDC. Ein flexibler und iterativer Entwurfsansatz sorgte dafür, dass in jeder Phase Anpassungen vorgenommen werden konnten - der Entwurf, die Herstellung und der Bau des Pavillons wurden in nur zwölf Monaten abgeschlossen. „Im Sinne eines wechselseitigen Wissenstransfers zwischen Spitzenforschung und Bauunternehmen zeigt das Gebäude auch, wie hochinnovative Architektur von regionalen, kleinen Unternehmen und Handwerkern gebaut werden kann“, fügt IntCDC hinzu. Die Decke des Pavillons wurde dank integrativer rechnerischer Planung und präziser Vorfertigung in acht Tagen vor Ort montiert.

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Ein hybrides Bausystem, das Naturfasern verwendet

Der Hybrid aus Flachsfasern und Holz maximiert die besonderen Eigenschaften beider Materialien und schafft leichte, praktische und optimale Bauelemente. „Die hybriden Bauteile zielen auf eine einfach gestützte, balkenartige Struktur mit variabler Bauhöhe ab“, so IntCDC. "Der Faserkörper bildet eine Bodenfläche, die vor allem Zuglasten aufnimmt, während die Holzplatte Druckkräfte ableitet und die Fläche für die Dacheindeckung bildet. Zusammen bieten sie die notwendige Festigkeit und Steifigkeit, um die hohen Schneelasten im Alpenvorland zu tragen." 

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Das Design des Faserkörpers besteht aus einer Reihe von aufeinanderfolgend gewickelten Schichten aus natürlichen Flachsfasern. IntCDC erklärt: "Die primäre Wirbelsäulenlage richtet sich nach der Balkenrichtung aus und fungiert als unteres Seil in der Mitte der Spannweite. Die Fächerlage verteilt die Lasten allmählich auf die Randstützen, während die optisch dominierenden Gitterlagen ein gleichmäßiges Fasernetz bilden, um die erforderliche strukturelle Integrität zu erreichen.Zwei zusätzliche Eckverstärkungslagen verbessern die Interaktion der Fasern und sorgen für zusätzliche Verstärkung in strukturell kritischen Bereichen."

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Die Faser-Holz-Hybrid-Bauteile überspannen eine Spannweite von 8,6 Metern zwischen linearen Stützen. CLT-Platten mit einer Dicke von 120 Millimetern bilden das Primärtragwerk und sorgen für das wellenförmige Aussehen des Daches. Die Flachsfaserkörper sind mit Schrauben unter jeder zweiten CLT-Platte befestigt und bilden so die Hybridbauteile.

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Überbrückung der Kluft zwischen Forschung und Industrie

Für die Entwicklung und Herstellung der Faserelemente wurde ein kernloses Wickelverfahren verwendet. Das kernlose Filamentwickeln wird beschrieben als „eine Herstellungsmethode, die sich die anisotropen mechanischen Eigenschaften von frei im Raum um Stützen gewickelten Fasern zunutze macht, um effiziente lasttragende Strukturen zu schaffen, ohne dass Formen oder Werkzeuge erforderlich sind“ (Bodea, 2023). Der Wickelrahmen wird zusammen mit dem Faserelement entworfen: „Der endgültige Faserkörper des Elements entsteht im Wickelprozess als Gleichgewichtszustand aller interagierenden Fasersegmente“, so IntCDC. Seine einzigartige geometrische Form nutzt positive Oberflächenkrümmungen durch den Einsatz von Bereichen mit positiver und negativer Gaußscher Krümmung

Der Wickelrahmen enthält ein 'Rückgrat', das die positive Krümmung des Bauteils in seiner Längsrichtung sowie die negative Krümmung, die strukturelle Tiefe und den Krümmungsradius in seinem Querschnitt ermöglicht und gleichzeitig die notwendige Struktur bietet, um den Rahmen selbsttragend zu machen", erklärt IntCDC. 

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Tests der Geometrie, der Fasermuster und der Herstellungsprozesse wurden an der Universität Stuttgart mit einem 6-Achsen-Roboterarm mit einem speziellen Endeffektor durchgeführt (so als ob der Roboter eine Hand und Finger hätte). Nach der Fertigstellung wurde das endgültige Design an einen Industriepartner zur Serienproduktion mit einer 5-Achsen-Industrie-Filamentwickelmaschine übertragen. „Die Fertigungsplanung wurde direkt in den rechnergestützten Entwurfsprozess integriert, wodurch der Arbeitsablauf vom Entwurf bis zur Fertigung gestrafft und die Kluft zwischen Forschung und Industrie erfolgreich überbrückt wurde“, so IntCDC.

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Professor Achim Menges, Direktor des Exzellenzclusters IntCDC, sagt: „Der Hybridflachs-Pavillon ist das Ergebnis langjähriger Forschung und zeigt, wie biobasierte Materialien und bioinspirierte Strukturen neue Wege für regenerative und ausdrucksstarke Architektur eröffnen können.“

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Project partners

Cluster of Excellence IntCDC – Integrative Computational Design and Construction for Architecture, University of Stuttgart

Institute for Computational Design and Construction (ICD): Prof. Achim Menges, Rebeca Duque Estrada, Monika Göbel, Harrison Hildebrandt, Fabian Kannenberg, Christoph Schlopschnat, and Christoph Zechmeister

Institute of Building Structures and Structural Design (ITKE): Prof. Dr. Jan Knippers, Tzu-Ying Chen, Gregor Neubauer, Marta Gil Pérez, and Valentin Wagner

With support of: Daniel Bozo, Minghui Chen, Peter Ehvert, Alan Eskildsen, Alice Fleury, Sebastian Hügle, Niki Kentroti, Timo König, Laura Marsillo, Pascal Mindermann, Ivana Trifunovic, and Weiqi Xie

Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024 GmbH

Stadt Wangen im Allgäu

HA-CO Carbon GmbH: Siegbert Pachner, Dr. Oliver Fischer, and Danny Hummel

STERK abbundzentrum GmbH: Klaus Sterk, Franz Zodel, and Simon Sterk

FoWaTec GmbH: Sebastian Forster

Biedenkapp Stahlbau GmbH: Stefan Weidle, Markus Reischmann, and Frank Jahr

Harald Klein Erdbewegungen GmbH

 

Referenz: 

Bodea, S. (2023) Hochskalierte, robotergestützte kernlose Fadenwickelverfahren für Leichtbauelemente in der Architektur, OPUS: Universität Stuttgart. Verfügbar unter:

http://dx.doi.org/10.18419/opus-13450 (Accessed: 29 May 2024).