Luitpoldbad Bad Kissingen

Luitpoldbad Bad Kissingen

KEIM als Hersteller

Dort, wo die Könige badeten...

Es hängt immer noch ein besonderes Flair in der Luft der historischen Räume des
Luitpoldbads im unterfränkischen Bad Kissingen, wo einst Könige und Kaiser Bäder
nahmen. Auch nach einem jahrzehntelangen Leerstand und einer umfangreichen
Instandsetzung blieben viele historische Bereiche des Gebäudekomplexes mit ihrer
besonderen Atmosphäre erhalten. – Die Maßnahmen gingen Hand in Hand mit dem
Amt für Denkmalpflege und konnten das Bad, das heute Behörden als Arbeitsplatz
dient, vor dem Verfall bewahren. Eine umfangreiche Herausforderung.


Eines der Größten in Europa

Zu den historischen Kurgebäuden im Staatsbad Bad Kissingen in Unterfranken
gehört das Luitpoldbad. Eine bürgerliche Aktiengesellschaft ließ es in den Jahren
1868 bis 1871 als eingeschossige, U-förmige und nach Norden offene
Dreiflügelanlage mit Eck- und Mittelpavillons nach Plänen des Architekten Albert Geul
im Baustil der Neorenaissance errichten. Heinrich Hügel ergänzte den Komplex 1878
bis 1880 mit einem zweigeschossigen Kursaal, in dem sich heute die Bayerische
Spielbank Bad Kissingen befindet. Ende des 19. Jahrhunderts erwarb das bayerische
Königshaus den Gebäudekomplex. Zu dieser Zeit war die Nachfrage der Badegäste
so groß, dass Prinzregent Luitpold von Bayern die beiden Seitenflügel von 1902 bis
1906 um ein zweites Geschoss aufstocken und erweitern ließ. Mit einer Länge von
140 Metern und 80 Metern Breite war das Bad damit eine der größten Einrichtungen
dieser Art in Europa.

Nachnutzung – aber wie?

Doch im Laufe der Zeit ließ die Nachfrage nach einem Badehaus nach, das
Luitpoldbad wurde Ende der 1980er Jahre geschlossen und stand etwa 25 Jahre leer.
Es gab viele Diskussionen über eine Nachnutzung. Pläne für den Verkauf an private
Investoren scheiterten aus Kostengründen, sodass der Eigentümer Freistaat Bayern
und die Stadt Bad Kissingen 2011 entschieden, das denkmalgeschützte Bauwerk
aufwendig zu sanieren und zu restaurieren, um es auch für eigene Zwecke, nämlich
als Behördenzentrum, zu nutzen. Nach einem so langen Leerstand eine
Herausforderung.

Denkmalkompetenz erwünscht

Bis die Behörden einziehen konnten, war es ein weiter Weg, denn die Zeit hatte ihre
Spuren hinterlassen. Anfang 2013 erhielt das Würzburger Architekturbüro Grellmann,
Kriebel, Teichmann nach europaweiter Ausschreibung den Auftrag zur
Umbauplanung. Das Architekturbüro hatte bereits andere historische Kurgebäude in
Bad Kissingen saniert und brachte somit einen großen Schatz an Erfahrungen mit.
„Wir beschäftigen uns zu etwa 70 Prozent mit denkmalgeschützten Gebäuden.
Historische Projekte dieser Größe sind unser tägliches Brot“, so Christian Firlus,
Diplom-Ingenieur und Begleiter des Projekts des gkt Architekturbüros.

Unzureichende Statik

Die Raumstruktur des Bades ermöglichte zwar eine Büronutzung unter weitgehender
Beibehaltung der Bausubstanz, jedoch wies die Statik erhebliche Mängel auf. „Die
Gebäudedecken, Stahlträgerkappendecken, insbesondere die, die sich über dem
Keller befanden, waren nach mehr als 100 Jahren auch aufgrund der ständigen
Belastungen durch Hochwasser korrodiert und nicht mehr tragfähig. Sie mussten
ersetzt werden“, erklärt Christian Firlus. Bei den Geschossdecken in den oberen
Etagen war es ähnlich, Soledämpfe schadeten dem Stahlträger sehr, sodass auch
hier die Bestandsdecken entfernt und Betondecken eingezogen wurden.

Vor Hochwasser geschützt und teilentkernt

Das Luitpoldbad liegt wie weitere Teile von Bad Kissingen im
Überschwemmungsbereich der Fränkischen Saale. Dies führt dazu, dass das
Hochwasser immer wieder die Sockelzone des Luitpoldbades erreicht. „Wir haben
das Gebäude im Bereich der Erdgeschossdecke durchgesägt und Edelstahlbleche
eingetrieben, um eine Horizontalsperre zu erreichen, damit die Feuchte nicht in die
weitere Wandkonstruktion aufsteigen kann“, erläutert Firlus. Gleichzeitig schützt ein 
Dammbalkensystem gegen das direkte Eindringen des Hochwassers in das
Gebäude. Aus Kostengründen entschieden sich die Verantwortlichen ebenfalls dafür,
die drei weniger wertvollen Zwischengebäude des Komplexes komplett zu entkernen,
die qualitätsvolleren Eckrisalite sowie die beiden Vestibüle mit den
„Prachttreppenhäusern“ zu erhalten und hier nur teilweise sowie nach und nach
marode Bauteile im Bestand auszutauschen.

Rekonstruiert, restauriert und ausgezeichnet

Eine besondere Herausforderung stellten die beiden historischen Stahl-GussTreppenhäuser von Joly Wittenberg der Vestibüle dar: Die gesamte gusseiserne
Treppenkonstruktion wurde restauriert und zum Teil rekonstruiert. Firlus erinnert sich:
„Wir stellten fest, dass unter einer Putzverblendung eine tolle bauzeitliche
gusseisernen Konstruktion zu finden war und entschlossen uns, die abgeschnittenen
Geländerstäbe anhand eines Katalogs von 1905 wieder neu gießen zu lassen. Damit
ließ sich der ursprüngliche Raumeindruck wiederherstellen.“ Für diese Leistung
bekam das Luitpoldbad die Silbermedaille des Bayerischen Denkmalpreises 2018
verliehen. Die Jury hob die Entscheidung der Tragwerksplaner hervor, die
Tragfähigkeit der Treppenkonstruktion mit Vor-Ort-Messungen zu ermitteln, da ein
reiner rechnerischer Nachweis der Statik nicht geführt werden konnte und eine
reduzierte Nutzung der Treppen die Folge gewesen wäre.
Heute beeindrucken die Treppenhäuser darüber hinaus mit ihren Oberlichtern aus
Buntglasscheiben und sorgen für eine ganz besondere Atmosphäre. Die historischen
Buntglasoberlichter erfuhren ebenfalls eine Reinigung und eine Restaurierung, um sie
dann unter einem Aluschutzglasdach wieder einzubauen. Auch die
Jugendstilbuntglasmalerei der südlichen Eckpavillons in Form von zwölf BleiglasRundbogenfenstern liegt nun restauriert hinter einer Wärmeschutz- und
Sicherheitsverglasung. Weiter konnten bauzeitliche Terrazzoböden, satinierte HolzGlastüren, Rabitz- und Gewölbedecken, die zum Teil mit Edelstahlabhängungen
gesichert wurden, erhalten werden.

Bröckelnder Putz und Überstreichungen
Die Putzflächen im Innenbereich hatten über die Jahrzehnte gelitten und wiesen
Risse und Fehlstellen auf. Zunächst ging es darum, alte Dispersions- und Ölfarben zu entfernen. In den beiden großen und repräsentativen Treppenhäusern zum Beispiel
war ein beigefarbener Anstrich zu finden. Hier bestand die Denkmalpflege darauf, die
historischen Putze von 1870 zu erhalten. „Weil aber einige Bereiche des Putzes keine
ausreichende Haftung zum Mauerwerk hatten und sich zu lösen drohten, haben wir
hier ein restauratorisches Festigungsmittel injiziert“, erklärt Restaurator Harald
Straßburger von der ausführenden Firma Fuchs + Girke, ein Spezialbetrieb für
Denkmalpflege aus Sachsen. Dann wurden größere Fehlstellen verputzt und die
Fläche insgesamt mit KEIM Soliprim grundiert. „Es folgte eine dünne Schicht KEIM
Dolomitspachtel, in die wir ein Vlies zur Bewehrung einlegten, um abschließend die
Farbe aufzutragen“, erläutert der Experte. Im Vorfeld führte Restaurator Stefan
Lochner eine Farbuntersuchung durch und fand kleine Teile der Originalfassungen
von 1905. Einer Musterachse entsprechend wurden die Farben dann hergestellt und
die Wände und Decken der Treppenhäuser mit KEIM Biosil farblich aufeinander
abgestimmt gefasst. Entsprechend des historischen Befunds dominieren nun in den
beiden Treppenhäusern verschiedene Grüntöne. „Insgesamt dauerten diese
aufwendigen Arbeiten über ein Jahr“, erinnert sich der Restaurator.
Auch an der Sandsteinfassade befand sich der Putz teilweise in einem
bedauernswerten Zustand. Christian Firlus erklärt die Vorgehensweise: „Die
entfestigten, in mehreren Schichten aufgetragenen Putze konnten wir zum Teil
halten, indem wir sie mit einem Armierungsgewebe überzogen haben. Leider gab es
auch Putzbereiche, die wir gar nicht halten konnten, da der Putz sich so vom
Mauerwerk gelöst hatte, dass wir diesen ganz abnehmen mussten. Stellenweise
fehlten hier drei bis vier Quadratmeter Putz. Die ausgebesserten und überarbeiteten
Putzflächen fassten die Handwerker dann mit KEIM Granital. Wir wählten KEIM
Granital als Dispersionssilikatfarbe für die Fassade, da der alte Anstrich ebenfalls
Anteile einer Dispersion enthielt. Sie kam vor allem dort zum Einsatz, wo wir in
Teilbereichen Fassadenflächen vorgefunden haben, die noch tragfähige
Putzschichten –lediglich mit Fehlstellen und Rissen – aufwiesen und mit dem Produkt
in verschiedenen Farbtönen ausgebessert werden konnten. Insgesamt bearbeiteten
wir etwa 6.000 Quadratmeter Fassadenfläche mit KEIM Universalputz und fassten sie
mit KEIM Unikristalat sowie mit KEIM Granital.“

Zusammen mit dem Denkmalschutz

Planung und Ausführung erfolgten in enger Abstimmung mit dem Bayerischen
Landesamt für Denkmalpflege. Der zuständige Gebietsreferent für Bad Kissingen
machte sich regelmäßig auf der Baustelle ein Bild von den Arbeiten. Die
Zusammenarbeit lief problemlos, ganz nach dem Motto „Geben und Nehmen“. Firlus
erklärt das genauer: „Die komplette Entkernung der Zwischengebäude ist den
Verantwortlichen des Landesamts für Denkmalpflege sicher nicht leichtgefallen. Wir
haben uns dann auf die Erhaltung der anderen Bereiche konzentriert und konnten
damit das Ganze auch etwas wirtschaftlicher gestalten. Außerdem ist der 150 Jahre
alte Badehauscharakter in der Struktur der Flure und Räume in den entkernten und
wiederausgebauten Gebäudebereichen immer noch ablesbar.“  

Kombination von Alt und Neu

Schon der Innenhof vermittelt den Besuchern eine Symbiose von Alt und Neu. Die
beiden modernen Ergänzungsbauten waren nötig, um die zentrale
Versorgungsanlage für den Gebäudekomplex sowie Lager und Archivräume für die
Behörden unterzubringen. Denn aufgrund ständiger Überflutungsgefahr und
genereller Feuchtigkeit sind die Kellerräume als Lager- und Technikräume nicht
nutzbar. Die aus Sichtbeton gefertigten Ergänzungsbauten passen sich hervorragend
dem historischen Gebäudekomplex an, auch aufgrund ihrer Struktur und Farbe
passend zum Sandstein der Fassaden.

Gelungene Umnutzung

Der Gebäudekomplex wurde nach einer Investition von 39 Millionen Euro im Oktober
2017 wiedereröffnet. Neben der Nutzung als Behördenzentrum dokumentieren
museal aufbereitete Räume unter anderem die Geschichte der Bade- und Kuranlagen
in Bad Kissingen. Die Eckpavillons mit den Jugendstilfenstern können für
standesamtliche Trauungen und kleine Feiern angemietet werden. Und der große
Innenhof dient in der warmen Jahreszeit als Ort für Musikveranstaltungen, zum
Beispiel für den „Kissinger Sommer“.

Der schönste Arbeitsplatz

Rückblickend war die Sanierung des Bades eine umfangreiche und anspruchsvolle
Aufgabe, die etwa 200 Firmen in vier Jahren auf der Baustelle beschäftigte. Die
größte Herausforderung war die Einhaltung des Zeitplans. Doch es hat sich gelohnt,
denn kürzlich schwärmte ein Mitarbeiter der Behörden: „Das ist der schönste
Arbeitsplatz, den wir uns vorstellen können.“ – Mit der Generalsanierung des
Luitpoldbades wurde ein langer Leerstand beendet und dem Substanzverlust
entgegengewirkt. Zusätzlich ist Bad Kissingen damit seinem Ziel, den Eintrag als
UNESCO-Weltkulturerbe „Great Spas of Europe“ zu erhalten, einen großen Schritt
nähergekommen.

Text: Dr. Alexandra Nyseth

Read story in English

Products Behind Projects
Product Spotlight
Nachrichten
Key projects by OMA
6 Mai 2024 Nachrichten
Wichtige Projekte von OMA

OMA ist ein international renommiertes Architektur- und Stadtplanungsbüro, das von acht Partner... Mehr

10 homes making use of straw bale construction and insulation
3 Mai 2024 Spezifikation
10 Häuser, die mit Strohballen gebaut und isoliert wurden

Stroh hat eine lange Geschichte als Baumaterial, das in Strohdächern, als Bindemittel in Lehmzi... Mehr

ATP architects engineers completes office building in line with “New Work” principles and sustainability goals
3 Mai 2024 Nachrichten
ATP architekten ingenieure stellt Bürogebäude nach den Prinzipien von New Work" und Nachhaltigkeitszielen fertig

ATP architekten ingenieure hat für den österreichischen Hersteller Tyrolit im deutschen Ma... Mehr

SOM completes “terminal in a garden” at Bengaluru’s Kempegowda International Airport
2 Mai 2024 Nachrichten
SOM stellt das „Terminal im Garten“ am internationalen Flughafen Kempegowda in Bengaluru fertig

Das internationale und interdisziplinäre Architektur-, Design- und Ingenieurbüro Skidmore,... Mehr

Archello houses of the month - April 2024
1 Mai 2024 Nachrichten
Archello Häuser des Monats - April 2024

Archello hat seine Häuser des Monats für April 2024 ausgewählt. In dieser Liste werde... Mehr